Endspurt für die Europäische Lieferkettenrichtlinie

Die Finalisierung einer Lieferkettenrichtlinie für die EU steht kurz bevor. Unternehmen sollen europaweit Sorgfaltspflichten für Umwelt und Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette umsetzen. Dazu muss auch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) angepasst werden.

Am 14. Dezember 2023 haben sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat unverbindlich über die wesentlichen Inhalte der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) geeinigt. Der finale Text liegt zwar noch nicht vor, es lassen sich jedoch schon einige Erkenntnisse aus der Pressekonferenz und den Pressemitteilungen der involvierten europäischen Institutionen ziehen.

Insbesondere dürften Teile des in Deutschland geltenden LkSG gemäß der neuen Richtlinie in Zukunft spürbar verschärft werden. Dies betrifft unter anderem den Anwendungsbereich, den Umfang der Sorgfaltspflichten und die Sanktionsmechanismen.

I. Anwendungsbereich

Aufgrund der CSDDD wird der Anwendungsbereich des LkSG perspektivisch erheblich erweitert. Die Richtlinie umfasst alle EU-Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro. Nicht-EU-Unternehmen sind betroffen, sofern sie drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie in der EU einen Umsatz von über 150 Millionen Euro erzielen. Bisher galt das LkSG lediglich für EU-Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten (bis 2024) bzw. 1.000 Beschäftigten (ab 2024).

Für Unternehmen, die in einem Hochrisikosektor tätig sind, gilt die Richtlinie schon ab 250 Beschäftigen und einem weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro, vorausgesetzt 20 Millionen Euro wurden in dem Hochrisikosektor erwirtschaftet. Zu diesen Sektoren zählen 1. Herstellung von und Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen, 2. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken sowie der Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen 3. Gewinnung von und Großhandel mit Bodenschätzen oder Herstellung von damit zusammenhängenden Erzeugnissen sowie 4. das Bauwesen.

II. Umfang der Sorgfaltspflichten

Für den Umfang der bereits nach dem LkSG bestehenden Sorgfaltspflichten bringt die CSDDD nach aktueller Einschätzung weniger weitreichende Änderungen mit sich. Erwähnenswert sind jedoch zwei Neuerungen:

Zum einen müssen die Unternehmen neben den menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten gegenüber ihren vorgelagerten Geschäftspartnern (so bereits nach dem LkSG) nun die Pflichten auch teilweise gegenüber ihren nachgelagerten Geschäftspartnern beachten. Dies soll für Bereiche wie Produktion, Transport, Lagerung, Vertrieb und Entsorgung gelten.

Zum anderen sieht die CSDDD für Unternehmen zukünftig die Pflicht zur Einführung eines Plans zur Eindämmung des Klimawandels vor. Bei der Ausgestaltung ihres Geschäftsmodells sollen sich Unternehmen an dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 orientieren. Die Umsetzung des Plans soll sich positiv auf die Vergütung der Geschäftsleitung von Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten auswirken.

III. Sanktionsmechanismen

Im Bereich der Sanktionen müssen sich Unternehmen auf spürbare Verschärfungen einstellen. Während das LkSG für Pflichtverstöße aktuell lediglich ein umsatzabhängiges Bußgeld von maximal 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes vorsieht, erhöht sich diese Obergrenze nach der CSDDD auf 5 Prozent. Außerdem sieht die Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen sowie die Veröffentlichung der Verstöße durch die zuständigen Behörden vor (sog. naming and shaming). Schließlich wird die Einhaltung der Sorgfaltspflichten als Kriterium für die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen in Betracht gezogen.

IV. Ausblick

Unternehmen, die bereits konform mit dem LkSG agieren, dürften die Einstellung auf die Änderungen durch die CSDDD verhältnismäßig leichtfallen. Denn für sie ist nur die Pflicht zur Einführung eines Plans zur Klimaneutralität eine echte Neuerung.

Alle anderen Unternehmen, insbesondere solche, die sich bislang noch nicht mit den Vorgaben des LkSG beschäftigt haben/beschäftigen mussten, sollten das Thema bereits jetzt im Blick haben, sofern sie von dem Anwendungsbereich der CSDDD erfasst sind. Zwar wird es noch einige Zeit dauern, bis die Vorgaben der Richtlinie tatsächlich Einzug in das LkSG finden. Die Umstellung auf die neuen Sorgfaltspflichten wird jedoch umso einfacher gelingen, je eher ein Unternehmen sich mit den zukünftigen Regelungen vertraut macht.