
Behandlungsfehler in der Unfallchirurgie und Traumatologie – rechtliche Aspekte und Patientenschutz
Wenn nach einem Unfall die Behandlung fehlerhaft verläuft
Verletzungen nach einem Unfall oder Sturz erfordern oft eine sofortige medizinische Versorgung. Das Fachgebiet der Unfallchirurgie und Traumatologie umfasst dabei sowohl die Erstversorgung als auch operative Eingriffe und Nachbehandlungen bei Knochen-, Gelenk-, Muskel- und Organverletzungen.
Doch gerade in akuten Notfallsituationen treten immer wieder ärztliche Behandlungsfehler auf – etwa durch Fehldiagnosen, unsachgemäße Operationen oder unzureichende postoperative Kontrollen.
Die Folgen können schwerwiegend sein: dauerhafte Bewegungseinschränkungen, chronische Schmerzen oder bleibende Nervenschäden.
Typische Risikobereiche in der Unfallchirurgie und Traumatologie
Die unfallchirurgische Behandlung erfordert schnelle Entscheidungen und höchste Präzision. Fehler können in allen Phasen der medizinischen Versorgung auftreten:
- Vor der Operation: Falsche Diagnosen oder unzureichende Befunderhebung
- Während des Eingriffs: Technische oder operative Fehler
- Nach der Operation: Mängel in der Nachsorge oder verspätete Reaktionen auf Komplikationen
Solche Versäumnisse können zu vermeidbaren Komplikationen führen und rechtliche Ansprüche auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz begründen.
Behandlungsfehler vor einer Operation
In der präoperativen Phase sind Diagnose und Behandlungsplanung entscheidend für den Therapieerfolg. Fehler entstehen häufig bei der bildgebenden Diagnostik – etwa, wenn eine Operation allein auf Röntgenaufnahmen basiert, obwohl ein CT oder MRT erforderlich gewesen wäre.
Auch falsche oder unvollständige Befundinterpretationen können dazu führen, dass Frakturen oder Weichteilverletzungen falsch eingeschätzt werden.
Wenn daraufhin ungeeignete Therapien gewählt werden, liegt der Behandlungsfehler möglicherweise bereits in der Vorbereitungsphase und nicht im eigentlichen Eingriff.
Fehler während der Operation – Haftung bei chirurgischen Eingriffen
Während viele Operationen medizinisch notwendig sind, entstehen Behandlungsfehler häufig intraoperativ. Typische Probleme sind:
- Falsch platzierte Implantate oder Schrauben
- Verwendung ungeeigneter Implantatmaterialien
- Verletzung von Nerven, Blutgefäßen oder Organen
- Unsachgemäße Blutstillung oder mangelnde Sterilität
Solche Eingriffsfehler können zu dauerhaften Funktionsstörungen oder chronischen Schmerzen führen und juristische Haftungsansprüche begründen.
Postoperative Fehler und Nachsorgeprobleme
Nach einer Operation ist eine engmaschige Kontrolle essenziell.
Wird eine Komplikation – etwa eine Durchblutungsstörung, Taubheit oder Lähmung – nicht rechtzeitig erkannt, kann sich der Heilungsverlauf erheblich verschlechtern.
Versäumte Kontrollen, unvollständige Dokumentation oder fehlerhafte Interpretation von Symptomen gelten als klassische Nachsorgefehler.
In solchen Fällen ist eine rechtliche Aufarbeitung notwendig, um den ursächlichen Zusammenhang zwischen Nachsorgefehler und Gesundheitsschaden nachzuweisen.
Sonderfall: Behandlungsfehler nach Arbeitsunfällen
Bei Arbeitsunfällen übernehmen in der Regel Durchgangsärzte (D-Ärzte) die Erstversorgung im Auftrag der Berufsgenossenschaft (BG).
Kommt es dabei zu einer Fehlbehandlung – etwa durch eine falsche Diagnose oder verspätete Nachuntersuchung –, stellt sich die Frage nach der Haftung.
Da der D-Arzt im Rahmen einer hoheitlichen Aufgabe handelt, haftet nicht der Arzt selbst, sondern die Berufsgenossenschaft.
Wer also Schmerzensgeld oder Schadensersatz geltend machen möchte, muss seine Ansprüche gegen die BG richten – ein juristisch komplexes Verfahren, das fundierte Beweissicherung erfordert.
Rechtliche Bewertung und Beweislast
Die juristische Beurteilung von Behandlungsfehlern in der Unfallchirurgie ist anspruchsvoll. Entscheidend ist die Abgrenzung zwischen
- der ursprünglichen Verletzung (z. B. Knochenbruch durch Unfall) und
- dem Schaden, der erst durch eine ärztliche Fehlbehandlung entsteht.
Nur Letzterer begründet eine Haftung.
Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der betroffenen Person – sie muss nachweisen, dass der Gesundheitsschaden durch die Behandlung entstanden ist.
Bei einem groben Behandlungsfehler kehrt sich die Beweislast jedoch um: Der Arzt muss dann belegen, dass kein schuldhaftes Verhalten vorlag.
Fazit
Behandlungsfehler in der Unfallchirurgie und Traumatologie sind häufig schwer nachzuweisen, können aber gravierende gesundheitliche und finanzielle Folgen haben.
Eine sorgfältige Dokumentation, unabhängige Gutachten und juristische Bewertung sind entscheidend, um Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz erfolgreich durchzusetzen.